Förderung der Argumentationsfähigkeit beim Experimentieren im Physikunterricht
Projekt - Fakultät für Natur- und Sozialwissenschaften - Institut für Physik und Technische Bildung
Status:abgeschlossen
Kurzinhalt:Es ist ein Ziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts, Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen, Aussagen bzgl. naturwissenschaftlicher Inhalte evidenzbasiert, z.B. durch eine Argumentation, zu begründen (Schiepe-Tiska et al. 2012, KMK 2004). Das naturwissenschaftliche Experiment kann im Unterricht zwei wesentliche Bestandteile eines Arguments, nämlich Daten und Hypothesen, „in situ“ produzieren und weist daher eine besondere Eignung als Ausgangspunkt für einen Argumentationsprozess anhand experimenteller Daten und Beobachtungen auf. Durch eine solche Ausrichtung der funktionalen Rolle des Experiments im Unterricht, weg von einer reinen (positivistischen) Lerngelegenheit für methodische Fähig- und Fertigkeiten und fachliche Inhalte hin zu einer Argumentationsgelegenheit, können konzeptionelles Fach-Verständnis sowie ein angemessenes Bild z. B. des vorläufigen, diskursiven und unsicheren Charakters naturwissenschaftlicher Erkenntnis vermittelt werden (Driver, Newton & Osborne 2000). Es gibt bisher nur wenige Untersuchungen, die sich mit dem Experiment als Argumentationsgelegenheit befasst haben. Daher wurden in zwei Studien mit über 1500 Schülerinnen und Schülern Zusammenhänge zwischen personalen Faktoren, der Verwendung bestimmter Argumente nach Durchführung eines Experiments und dem Lernerfolg untersucht. Dabei konnte beispielsweise gezeigt werden, dass fachliches Vorwissen begünstigend für das Heranziehen von Daten als Evidenz (statt z. B. intuitiver Heuristiken und Hinweisreize) auf der einen, sowie das Argumentieren anhand von Daten wiederum begünstigend für Lernerfolg durch das Experiment wirkt. In den Untersuchungen wurde auch deutlich, dass ein mangelndes Verständnis im Umgang mit Unsicherheit in Daten den Lernerfolg schmälert. Schülerinnen und Schüler, die z. B. von statistischen Schwankungen in den experimentellen Daten „überrascht“ waren, neigten dazu eine physikalisch inkorrekte Hypothese beizubehalten, weil sie den eigenen Daten – die eine gute Qualität aufwiesen – kein Vertrauen mehr schenkten.

Auf Grundlage dieser Studien aus der physikdidaktischen Grundlagenforschung sollen nun modulare Unterrichtssequenzen für die Schulpraxis entwickelt und evaluiert werden, bei denen das naturwissenschaftliche Experiment als Ausgangspunkt für eine diskursiv-kritische Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Informationen im Mittelpunkt steht. Zentrale Themenbereiche sind der Umgang mit Messdaten und ihren Unsicherheiten sowie das Evidenz-basierte Argumentieren im Kontext naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung. Die auf der Basis des design-based research angelegte wissenschaftliche Begleitung prüft, ob sich die Argumentationsfähigkeit, die Nutzung bestimmter Argumentationstypen (also z. B. das Heranziehen von Daten als Evidenz in einer Argumentation) sowie der fachliche Lernerfolg durch die Intervention (nachhaltig) steigern lassen. Es soll kein Curriculum entwickelt werden, da aus der Vergangenheit bekannt ist, dass „radikale Innovationen“ im Bildungsbereich schwer zu erzielen sind (Reinmann 2005). Stattdessen sollen niedrigschwellig zu verwendende, modulare Einheiten entwickelt werden und so eine Veränderung im Hinblick auf den Einsatz des Experiments eher inkrementell bewirken. Die Entwicklung und Evaluation der Materialien erfolgt in Zusammenarbeit mit Physikdidaktikern, erfahrenen Lehrkräften unserer Kooperationsschulen, Fachseminarleitern, sowie den Studierenden der Lehramtsstudiengänge Physik. So wird durch dieses Projekt die Verzahnung von Grundlagenforschung, Schulpraxis und Lehrerausbildung weiter vorangetrieben.
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Projektdauer:01.08.2019 bis 31.07.2022
Projektbeteiligte:
Jun.-Prof. Dr. Ludwig, Tobias [Profil]
Kardas, Engin [Profil]


Verweis auf Webseiten:
Projekthomepage
keine
Angehängte Dateien:
keine
Erfasst von Jun.-Prof. Dr. Tobias Ludwig am 10.03.2020    
Projekt-ID:178